Mittwoch, 27. September 2023

Beitragsbemessungsgrenze (BBG) und Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) - Was ist der Unterschied und warum entstehen für Besserverdiener bei Anhebungen Mehrausgaben

 Wenn es um die Beiträge und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung geht, fallen in den Diskussionen immer wieder zwei Begriffe: Beitragsbemessungsgrenze (BBG) und Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG). Diese werden jährlich zum Ende des Jahres für das kommende Jahr vom Bundeskabinett neu festgelegt. Häufig werden sie verwechselt oder gleichgesetzt.

Geplant ist aber schon, dass die Beitragsbemessungsgrenzen für die Sozialversicherungen im kommenden Jahr kräftig steigen werden. Grund dafür ist ein deutliches Plus bei den Löhnen und auf Besserverdiener kommen so Mehrausgaben zu. In diesem Beitrag werden die Begriffe erläutert und es wird noch ein Blick auf die Bezugsgrößen sowie auf die politische Diskussion rund um BBG und JAEG gelegt.

Beitragsbemessungsgrenze, Jahresarbeitsentgeltgrenze und Bezugsgröße

Was verbirgt sich hinter den Definitionen:

  • Die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) ist die Einkommenshöhe (brutto), auf die höchstens Beiträge zur Krankenversicherung berechnet werden.
  • Die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG), auch Versicherungspflichtgrenze genannt, entscheidet bei Arbeitnehmern anhand vergangener Brutto-Jahresgehälter, ob ein Wechsel in die private Krankenvollversicherung überhaupt möglich ist.
  • Die Bezugsgröße ist eine Rechengröße. Sie orientiert sich an dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller Rentenversicherten des vorvergangenen Jahres.

Die Bezugsgröße wird derzeit für die alten und neuen Bundesländer immer noch getrennt errechnet. Beitragsbemessungsgrenze und Jahresarbeitsentgeltgrenze werden von der Bundesregierung festgelegt.

Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bis 2023

Beitragsbemessungsgrenze und Jahresarbeitsentgeltgrenze im Fokus - Sie dienen indirekt zur Erhöhung der Einnahmen der gesetzlichen KV

Die gesetzlichen Krankenkassen werden von der demografischen Entwicklung besonders getroffen und geraten immer mehr unter Druck. Denn im Verhältnis zu jüngeren Mitgliedern, die hohe Beiträge zahlen und wenig Leistungen abrufen, steigt der Anteil älterer Versicherter dramatisch. Die ehemaligen Babyboomer, die geburtenstarken Jahrgänge des letzten Jahrhunderts, sind älter geworden und gehen allmählich in den Ruhestand.

Ältere Versicherte verursachen höhere Kosten und zahlen als Rentner weniger Beiträge. Ein Doppeleffekt, der die Konten der gesetzlichen Kassen hart trifft. Das Defizit wird immer größer. Derzeit diskutiert die Bundesregierung, was getan werden kann. Unter anderem wird erwogen, zur Stärkung der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) und/oder die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) anzuheben.

Die Beitragszahlungen bestehen nicht in unbegrenzter Höhe - Beitragsbemessungsgrenze bildet Deckel

Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse werden prozentual vom Einkommen berechnet. Arbeitnehmer teilen sich die Beiträge mit ihrem Arbeitgeber. Doch wird dafür nicht das Einkommen in unbegrenzter Höhe herangezogen, sondern nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze.

Die BBG für das aktuelle Jahr 2023 liegt bei:

  • 59.850,00 EUR jährlich bzw./oder
  •   4.987,50 EUR im Monat

Beitragsbemessungsgrenze mit Jahresarbeitsentgeltgrenze gleichsetzen? - Die Gedankenspiele der aktuellen Bundesregierung

Um der angespannten Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen zu begegnen, hat die Bundesregierung nur wenige Möglichkeiten.

  • Es kann der Leistungskatalog gekürzt werden, was unpopulär ist.
  • Der Steuerzuschuss kann erhöht werden, was angesichts vieler anderer staatlicher Aufgaben nur begrenzt möglich ist.
  • Bleibt noch der Beitragssatz. Diesen anzuheben würde alle Versicherten treffen.

Derzeit denken insbesondere Politiker der SPD und der Grünen darüber nach, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben. Das würde bedeuten, dass Arbeitnehmer, die mehr als 4.987,50 EUR im Monat verdienen, mehr Beiträge bezahlen müssten. Zusammen mit ihrem Arbeitgeber, versteht sich.

Diskutiert wird, die BBG mit der Versicherungspflichtgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung gleichzusetzen. Also GKV-Beiträge auf bis zu 7.300,00 EUR zu zahlen. In der Folge würde das zwar zu Mehreinnahmen der GKV führen, doch die Gegner solcher Überlegungen argumentieren, dass dadurch die Wirtschaft zusätzlich belastet würde. Besonders in dem gerade besonders sensiblen Segment der gut ausgebildeten Fachkräfte. Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden sich womöglich in anderen Ländern bewerben.

Entwicklung der Anzahl gesetzlicher Krankenkassen in Deutschland von 1970 bis 2023

Wechsel in die PKV nicht für alle Arbeitnehmer möglich, denn die Jahresarbeitsentgeltgrenze entscheidet

In eine private Krankenvollversicherung (PKV) kann ohne Vorbedingungen wechseln, wer nicht versicherungspflichtig ist. Auf wen das zutrifft, regelt das fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V). Im Wesentlichen können sich Beamte und Selbständige privat krankenversichern. Bei der großen Gruppe der Arbeitnehmer gibt es eine Bedingung. Denn nicht alle abhängig Beschäftigten können zwischen gesetzlicher Krankenkasse und privater Krankenversicherung frei wählen. Entscheidend ist die Höhe des Einkommens. Genauer gesagt, die Höhe des sozialversicherungspflichtigen Einkommens. Wer in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren über der Jahresarbeitsentgeltgrenze verdient, ist nicht mehr gesetzlich versicherungspflichtig. Ein Wechsel in die PKV ist möglich.

Die JAEG beträgt im Jahr 2023 brutto:

  • 66.600,00 EUR jährlich bzw.
  •    5.550,00 EUR im Monat

Auswirkungen der diskutierten Anpassungen bei BBG und JAEG auf die PKV

Für den Markt der Privaten Krankenversicherungen (PKV) hätten diese Maßnahmen unterschiedliche Auswirkungen. Eine Anhebung der BBG würde Besserverdienende eher dazu bewegen, in die PKV zu wechseln. Durch eine Anhebung der JAEG würde der Markt der Arbeitnehmer für die PKV ein Stück weit zum Erliegen kommen. Für diejenigen, die nicht in die private Vollversicherung kommen, bleibt nur eine Zusatzversicherung.

Die Bezugsgröße ist eine entscheidende Größe in der Sozialversicherung

Der dritte Begriff ist die Bezugsgröße. Er hat mit der oben geschilderten Diskussion nichts zu tun. Die Bezugsgröße spiegelt das Durchschnittseinkommen aller rentenversicherungspflichtigen Mitbürger wider. So aufgerundet, dass sie durch 420 teilbar ist und bezogen auf das vorvergangene Kalenderjahr. Die Bezugsgröße wird für eine ganze Reihe von einkommensabhängigen Bestimmungen herangezogen. Im Zusammenhang mit der Krankenversicherung unter anderem bei der Frage, wie viel Einkünfte Ehepartner oder Kinder haben dürfen, um trotzdem beitragsfrei in der Familienversicherung versichert zu werden. Die Bezugsgröße 2023 für die alten Bundesländer beträgt 3.395,00 EUR pro Monat. Für die neuen Bundesländer liegt sie bei 3.290,00 EUR pro Monat.

Entwicklung Beitragsbemessungsgrenze Krankenversicherung 1990 - 2023

Historie der JAEG und BBG Beträge von 2002 bis 2023

Die Anpassungen legt die Bundesregierung fest und orientiert sich dabei an der Lohnentwicklung. Gleichwohl kommt es auch zu politischen Entscheidungen. Zum Beispiel 2002, als die JAEG von der BBG getrennt und angehoben wurde. Oder im Pandemiejahr 2022. Dort wurde die Erhöhung sowohl der JAEG als auch der BBG ausgesetzt, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Beim Vergleich der Entwicklung der BBG und JAEG Beträge über einen langen Zeitraum wird deutlich, dass die Schere zwischen den Werten tendenziell größer wird.

Eine Übersicht der historischen Sozialversicherungswerte gibt es unter den folgenden Link:
Die historischen Sozialversicherungswerte

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Bildnachweis

Quelle: Netfonds AG

Montag, 22. Mai 2023

Grundsteuerbescheid gut prüfen und bei Unstimmigkeiten Widerspruch einlegen

 Die Immobilien- und Grundstückseigentümer, welche die Erklärung zur Grundsteuer bereits abgegeben haben, warten nun auf den Bescheid von ihrem Finanzamt. Zwar wird die laufend zu zahlende Grundsteuer erst ab 2025 nach den neuen Regeln erhoben. Doch schon jetzt verschicken die Finanzämter erste Bescheide, auf Basis der in der Grundsteuererklärung gemachten Angaben. Wer darin Fehler entdeckt und noch keinen Einspruch eingelegt hat, sollte schnell handeln. Was es dabei zu beachten gibt und was Eigentümer, die spät dran sind, wissen müssen.

Grundstücks- und Immobilieneigentümer erhalten vom Finanzamt ihre Bescheide zur Grundsteuer

Fachleute empfehlen, die eingegangenen Bescheide auf jeden Fall genau und schnellstmöglich prüfen. Denn wenn Zweifel bestehen oder Fehler auftauchen, sollten Eigentümer schnell einen Einspruch dagegen einlegen. Dies wird schriftlich mit einen Brief, Fax oder einer Email an das Finanzamt gemacht, welches den Bescheid erlassen hat. Die Einspruchsfrist dafür beträgt einen Monat nach Erhalt des Bescheides. Wenn man erst später nachteilige Fehler entdeckt, ist eine Korrektur nur in Ausnahmefällen möglich.

Städte mit der höchsten/niedrigsten Grundsteuer B in Deutschland

Nach Angaben von Fachleuten treten mögliche Fehler etwa bei den Bodenrichtwerten auf, die von den Grundbesitzern aus den Länderportalen übernommen wurden. Sie seien wiederholt zu hoch angegeben, was beispielsweise etwa dann der Fall ist, wenn nicht nutzbare Fläche als Baugrund erfasst wurde.

Die Höhe der künftigen Grundsteuer ist noch nicht absehbar

Nach Angaben von Experten können für Grundbesitzer auch die Hebesätze für böse Überraschungen sorgen, die jede Gemeinde einzeln bestimmt. Nach derzeitigen Informationen des Bundesfinanzministeriums wird es vermutlich noch bis Herbst 2024 dauern, bis die konkrete Höhe der jeweiligen künftigen Grundsteuer bei einem Großteil der Steuerpflichtigen feststeht.

Die Grundsteuererklärung sollte bis Ende Januar 2023 eingereicht werden. Hat man sie bislang noch nicht abgegeben, sollte man kein Risiko eingehen und einen Antrag auf Fristverlängerung stellen. Ansonsten können vom Finanzamt ab sofort Verspätungszuschläge erhoben werden. Zwar haben die Finanzverwaltungen bislang in der Regel auf Sanktionen verzichtet, doch nach einer entsprechenden Androhung könnten sie auch ein Zwangsgeld festsetzen. Voraussetzung für die Genehmigung einer individuellen Fristverlängerung sind triftige und entschuldbare Gründe, wie zum Beispiel eine längere Krankheit oder Probleme bei der Beschaffung der Unterlagen.

Dazu kommt: Wird vom Eigentümer keine Grundsteuererklärung abgeben, darf das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen selbst schätzen. Dies ist im Regelfall für die Betroffenen meistens nachteilig.

Grundsteuer: Musterschreiben für den Einspruch

Gegen die Bescheide zur Neuberechnung der Grundsteuer sind bundesweit sind nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft bislang etwa 1,3 Millionen Einsprüche eingelegt worden. Der Deutsche Steuer-Gewerkschaft e.V. (DSTG) fordert daher, alle Bescheide grundsätzlich mit einem Vorläufigkeitsvermerk zu versehen.

Beim Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. (BdSt) können weitere fundierte Informationen zum Thema der Grundsteuererklärung abgerufen werden. Dort wird auch ein Musterschreiben bereitgestellt: Musterschreiben herunterladen

Nach Ende der Abgabefrist Ende Januar 2023 schließt sich in vielen Finanzverwaltungen ein Erinnerungsverfahren an. Falls bis Anfang April 2023 kein Eingang der Grundsteuererklärung beim Finanzamt verzeichnet wurde, werde per postalischem Schreiben von den Finanzämtern an die Abgabepflicht erst einmal erinnert.

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Mittwoch, 18. Januar 2023

Steigerung der Beitragsbemessungsgrenze 2023 für die Sozialversicherung

 In der Sozialversicherung werden durch die Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung  die Werte festgesetzt, die für die Berechnung der Beiträge für die Krankenversicherung sowie der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gelten. Diese Werte werden jedes Jahr vom Bundestag neu berechnet und bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Anhebung der Höchstsätze zur Kranken- und Pflegeversicherung 2023

In der Kranken- und Pflegeversicherung ist die Beitragsbemessungsgrenze auch im Jahr 2023 angestiegen. Eine bundesweite Anhebung um jährlich 1.800,00 Euro ab dem 1. Januar 2023 sorgt dafür, dass die jährliche Höhe Grenze nun bei 59.850,00 Euro liegt. Ebenso erhöht sich auch die monatliche Versicherungspflicht-Grenze für einen Wechsel von einer gesetzlichen Krankenkasse zu einer privaten Krankenversicherung auf 5.550,00 Euro, beziehungsweise jährlich 66.600,00 Euro. Der Beitragssatz zur Krankenversicherung bleibt unverändert bei 14,6 Prozent, wobei die Krankenkassen zusätzlich individuelle einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben dürfen.

Anhebung der Höchstsätze zur Rentenversicherung 2023

Bei der Rentenversicherung ist die Beitragsbemessungsgrenze ebenfalls angestiegen. Hier unterscheiden sich die zu entrichtenden Beiträge zwischen Ost und West. In den alten Bundesländern steigt sie jährlich um 3.000,00 Euro auf 87.600,00 Euro an. In den neuen Bundesländern steigt sie jährlich um 4.200,00 Euro auf 85.200,00 Euro an. Damit steigen die Abgaben für die Rentenversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch an.

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Anhebung der Höchstsätze zur Arbeitslosenversicherung 2023

Auch in der Arbeitslosenversicherung gibt es eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze. Hier unterscheiden sich die zu entrichtenden Beiträge auch zwischen Ost und West. In den alten Bundesländern erfolgt eine Anhebung um jährlich 3.000,00 Euro auf 87.600,00 Euro, in den neuen Bundesländern hingegen um 4.200,00 Euro auf 85.200,00 Euro jährlich.

Mehrkosten wirken sich auf das Einkommen im Jahr 2023 aus

Je nach Einkommen, Bundesland und Krankenkasse sorgen die neuen Sozialversicherungswerte dafür, wie viel den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 2023 netto vom monatlichen Bruttolohn bleibt. Dem Bürger bleibt letztendlich weniger Geld zum Leben, da eine gleichzeitige Erhöhung des Einkommens nicht in der gleichen Höhe erfolgt.

Übersicht der aktuellen Sozialversicherungswerte

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